Jedenfalls formuliert kaum jemand die Agenda der Neuen Rechten so prägnant wie er:

„Deutschland ist heute ein großer, politisch-intellektueller Gulag oder eine Art Konzentrationslager. Aber diesmal sind die Amerikaner die Lageraufseher. Die deutsche politische Klasse spielt die Rolle der Kapos, der privilegierten Lagerpolizei. Man kann dies so akzeptieren oder dagegen rebellieren. Derzeit dürfte es für eine echte Rebellion noch zu früh sein. Aber die kommt mit Sicherheit. Ein freies und unabhängiges Deutschland ist eine große Chance für ganz Europa. Denn auch Europa kann sich nur von den Amerikanern befreien und emanzipieren, wenn sein Motor – Deutschland! – frei und unabhängig ist.“

Und wer wäre der „natürliche Verbündete“ eines solcherart „freien“ Europas? Russland natürlich. Ist doch klar. Weil dort alles so mega ist.

Geschrieben wurde das im Jahre 2014 im Umfeld des beginnenden Krieges gegen die Ukraine. In dieser Zeit sprach Dugin auch folgende programmatische Worte: „Ich glaube, man muss töten, töten und töten. Ich sage das als Professor.“

Im Zitat oben haben wir alles, was AfD, Querdeppen und KOPP-Verlag seit Jahren in den Äther schießen: Relativierung des Nationalsozialismus, „Eliten“-Bashing ausgerechnet in der liberalen Demokratie, die Idee einer „politischen Klasse“, die gegen „das Volk“ agiert und sich dabei quasi als Nazis von heute erweist, der Ausbruch einer „Rebellion“ gegen „das System“, der immer gerade – mit Sicherheit! – kurz bevorsteht, die Vorstellung eines unfreien, besetzten Deutschland („kein Friedensvertrag!“) in einem ebenso unfreien Europa sowie das Postulieren einer fehlenden „Emanzipation“ von den USA als Vorbedingung eines Bündnisses mit dem „wahren Verbündeten“, nämlich Russland.

So klingt heute der Faschismus.

Er bedient sich des Vokabulars seiner Todfeinde („Freiheit“, „Unabhängigkeit“, „Emanzipation“) und verkehrt es ins genaue Gegenteil. Allzu viele „nützliche Idioten“ von AfD bis Die Linke verstehen das nicht und gehen der Täuschung bereitwillig auf den Leim. Sie sind die neuen Hotel-Lux-Bewohner. Verblendet bis zum Untergang. Unfähig, die eigenen Fehlurteile zu revidieren, bis es zu spät ist.

Aber braucht Putin überhaupt einen Hofnarren wie Dugin?

Eigentlich nicht, beziehen sie doch ihr geistiges Manna beide von den gleichen Denkern der konservativen Revolution und vor allem immer wieder vom bösen Geist Carl Schmitt, während bei Dugin noch etwas „Eurasier“-Quatsch dazukommt.

Bei Putin klingt das alles natürlich nicht so krass wie bei Dugin. Doch die Stoßrichtung ist die gleiche. Bereits in der berühmten Rede vor dem Deutschen Bundestag (2001), die Ignoranten heute immer noch als Friedensrede und vertane Chance verklären, klingen obige Gedanken an. Putin damals:

„Niemand bezweifelt den großen Wert der Beziehungen Europas zu den Vereinigten Staaten. Aber ich bin der Meinung, dass Europa seinen Ruf als mächtiger und selbstständiger Mittelpunkt der Weltpolitik langfristig nur festigen wird, wenn es seine eigenen Möglichkeiten mit den russischen menschlichen, territorialen und Naturressourcen sowie mit den Wirtschafts-, Kultur- und Verteidigungspotenzialen Russlands vereinigen wird.“

Ist es nicht frappierend, wie Faschisten als erstes immer die USA einfallen, wenn es darum geht, was sich in der Welt ändern muss? Das ist natürlich kein Zufall, stehen die Vereinigten Staaten doch nach wie vor wie keine zweite Macht für das Projekt der Aufklärung, für Demokratie und Menschenrechte – selbst wenn sie selbst diese Werte immer wieder verraten haben und es dort heute um die eigene Demokratie sehr zum Schlechten steht.

Indes: Es wäre leicht, sich über die intellektuelle Dürftigkeit des Dugin‘schen Unfugs lustig zu machen. Doch wie wir dieser Tage leider mit ansehen müssen: Ideen sind lebensgefährlich. Ideen von historischer Größe, ethnischer Einheit, verlorenem Boden, den es wiederzuerobern gilt – oder einfach nur Ideen vom „töten, töten, töten“.

Ein Kommentar zu „Alexander Dugin – Putins „Einflüsterer“ oder „Vordenker“?


  1. Ist es nicht frappierend, wie Faschisten als erstes immer die USA einfallen, wenn es darum geht, was sich in der Welt ändern muss? Das ist natürlich kein Zufall, stehen die Vereinigten Staaten doch nach wie vor wie keine zweite Macht für das Projekt der Aufklärung, für Demokratie und Menschenrechte – selbst wenn sie selbst diese Werte immer wieder verraten haben und es dort heute um die eigene Demokratie sehr zum Schlechten steht.

    so ist es.
    war damals mit 68er, auf den Demos gegen den durchaus verbrecherische Krieg in Vietnam.
    und woher kamen wesentliche Grundgedanken der Bewegung ?
    aus Berkeley, USA.
    und von marxistischen Philosophen, die aus Deutschland ausgerechnet nach USA geflohen sind:
    Frankfurter Schule, Kritische Theorie, Professoren mit Dozentenaufträgen an US-Universitäten

    Klar muss man die USA, wie sie sich geopolitisch aufgestellt haben und krass kolonialistisch und imperialistische tätig wurden, wie kaum ein anderes Land der Moderne, massiv hinterfragen. Aber das ist eben nicht alles.

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